OKR@it-economics 2018-2021: Unsere Top 12 Lessons Learned

OKR

OKR@it-economics 2018-2021: Unsere Top 12 Lessons Learned

Agile Methoden und Vorgehensweisen sind mittlerweile in vielen Branchen und Projekten im Einsatz und haben sich neben dem „klassischen“ Projektmanagement etabliert. Um den stetigen Veränderungen gewachsen zu sein, bauen viele Unternehmen auch die interne Organisation hin zu schlanken, agilen Strukturen um. Bei it-economics wurde nach einem Pilotprojekt ab Oktober 2018 das OKR-Framework implementiert. Seither sind über zwei Jahre vergangen und wir konnten zahlreiche Erfahrungen mit OKRs machen. Ein guter Zeitpunkt für eine kleine Retrospektive. Zuvor wollen wir aber noch kurz auf das Thema OKR-Framework eingehen.

OKR – Was ist das?

Unter OKR versteht man eine Management-Methode bzw. ein Rahmenwerk, in dessen Zentrum qualitative Ziele stehen, denen jeweils quantitative Ergebnisse zugeordnet werden. Im Mittelpunkt des OKR-Frameworks steht ein dreimonatiger, iterativer Prozess, in dessen Verlauf Ziele (Objectives) und damit verbundene Schlüsselresultate (Key Results) definiert werden und der jeweilige Fortschritt getrackt wird. Ähnlich der agilen Vorgehensweise nach Scrum, ist das Ziel, jeden Zyklus eine inkrementelle Verbesserung zu erreichen.

Die Ziele werden auf allen Unternehmensebenen formuliert, wobei sie sich entlang der Unternehmensstruktur, ausgehend von einer gemeinsamen Vision, über die Geschäftsführung, die Teamleitungen bis hin zu den einzelnen Mitarbeiter*innen ableiten.

OKR

Wird das OKR-Framework richtig implementiert und gelebt, ergeben sich folgende Vorteile:

  • Alignment: Ausrichtung aller Mitarbeiter*innen und deren Aufgaben an den übergreifenden Unternehmenszielen
  • Transparenz: Alle wissen, was der Rest des Teams macht – Vermeidung von Ressourcenkonflikten und Nutzen von Synergien
  • Intrinsische Motivation: Eigenverantwortliche Zielsetzung durch alle Mitarbeitenden, daraus resultiert starke persönliche Verbundenheit mit den selbstdefinierten Zielen und somit den Unternehmenszielen
  • Fokus: Fokussierung auf die 3-4 wesentlichen Key Results/ Objectives ermöglicht Konzentration aufs Wesentliche
  • Dynamik. Kurze, iterative Zyklen erlauben schnelle Reaktion auf Marktimpulse oder sonstige Einflüsse, ohne die Unternehmensvision aus dem Blick zu verlieren

Soweit zu OKR in Kürze; Zeit für eine kleine Zeitreise zurück ins Jahr 2018.

Flashback: California Dreamin‘ 2018

Kalifornien – Herz der Hippie-Kultur, Wiege von Star Wars und Sitz zahlreicher IT-Unternehmen von Weltrang wie bspw. Apple, Google, Facebook, Intel und vielen mehr. Es ist also nur passend, dass 2018 die Geschäftsführung von it-economics auf der Suche nach neuen Impulsen und der Weiterentwicklung des Unternehmens hierherkam. Neben Fotos und Souvenirs sowie dem einen oder anderen Sonnenbrand, brachte die Truppe noch weiteren Input mit: Das OKR-Framework.

Hitparade: Unsere zwölf Lessons Learned

Nun sind die Hintergründe erläutert und wir können mit unserer Retro beginnen – die folgenden zwölf Lektionen haben wir gelernt.

1. Für den optimalen Effekt müssen OKRs auf allen Ebenen gelebt werden

Im Idealfall hat die Mehrheit aller Mitarbeiter*innen im Unternehmen das OKR-Framework und dessen Werte verinnerlicht – OKR wird Teil der Unternehmens-DNA. Dafür müssen insbesondere auch die Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen – auf allen Ebenen.

2. Eine Einführung Top-down bzw. Durchregieren ist nicht sinnvoll

Veränderungen und Transformationen sorgen immer für eine gewisse Unruhe im Unternehmen – umso wichtiger ist die Beteiligung der Mitarbeiter*innen auf allen Ebenen und die Berücksichtigung von deren Einwänden und Anregungen. Eine Top-Down-Implementierung sorgt für Unruhe und kann dazu führen, dass sich zahlreiche Teammitglieder ausklinken bzw. passiven Widerstand leisten.

3. Für die erfolgreiche Implementierung ist eine „kritische Masse“ an Unterstützern und Vorbildern erforderlich

Je mehr Leute das OKR-Framework und dessen Vorteile verstehen, desto leichter und umfassender ist die Einführung. Eine kleine Gruppe von Enthusiasten und Unterstützern reicht nicht aus, um OKRs unternehmensweit einzuführen und zu leben.

4. Eine umfassende (Wissens-) Basis schafft ein gemeinsames Verständnis

Der Umbau der Unternehmensorganisation und -struktur bindet Ressourcen und kann auch erhebliche finanzielle Mittel erfordern. Es ist dennoch sinnvoll, möglichst allen Mitarbeiter*innen oder zumindest allen Teamleitungen und Executives die Grundlagen des OKR-Frameworks in einem Workshop zu vermitteln. Dies hilft auch dabei, die gegenseitigen Rollenerwartungen zu klären und Missverständnissen vorzubeugen.

5. Company Objectives: Markt der Ideen statt Klüngelrunde

Aufgrund der strategischen Komponente von OKRs ist es vollkommen verständlich und auch sinnvoll, dass die Geschäftsführung bei der Findung der Company Objectives ein gewichtiges Wort mitredet. Es ist allerdings nicht sinnvoll, wenn ein kleiner, exklusiver Personenkreis die Ziele ohne Beteiligung der Mitarbeiter*innen festlegt. Dies sorgt für Frustrationen und der Wahrnehmung von OKRs als „Raumschiff“ bzw. elitärem Klüngelclub.

Viel besser ist es, wenn die Company Objectives aus einem Wettstreit bzw. Markt der Ideen mit dem Input der Teams und der Geschäftsführung hervorgehen. Dies sorgt für eine größere Zufriedenheit und eine höhere Identifikation mit den Unternehmenszielen.

6. Missing Link: Company Objectives und Unternehmensvision

Gemäß dem OKR-Framework sollten die Company Objectives (COs) und die zugehörigen Key Results einen deutlich sichtbaren Bezug zur Unternehmensvision haben und auf diese einzahlen. Ist dieser Link nicht erkennbar bzw. wird nicht ausreichend kommuniziert, kommt schnell die Sinnfrage auf („Warum machen wir das überhaupt?“). Es ist wichtig, dass alle an der Planung Beteiligten die Unternehmensvision kennen und verstanden haben – diese kann als eine Art Qualitätskriterium für die OKRs dienen.

7. Lack of Vision: Die Unternehmensvision ist bekannt & verinnerlicht

Eine Unternehmensvision fungiert im Idealfall als eine Art Leitstern: Stets präsent, intuitiv verständlich und (fast) unerreichbar. Ein Mangel an Vision hat negative Auswirkungen auf das OKR-System: Es ist schwer, einen Kurs zu setzen, wenn der Fixpunkt bzw. Fixstern nicht klar bzw. bekannt ist. Noch optimaler ist es, wenn alle die Möglichkeit haben, bei der Findung und Formulierung der Unternehmensvision mitzuwirken.

8. Ask for the WHY: Die W-Fragen sind (nicht) beantwortet

Dieser Punkt hängt unmittelbar mit „II. Einführung“ zusammen: Falls OKR ohne Erklärung über die bestehenden Strukturen „übergestülpt“ wird, geht von vornherein ein großer Teil des Momentums verloren: Warum wird OKR eingeführt? Warum machen wir das? Was bringen mir Objectives und Key Results im Alltag? Werde ich dadurch besser bzw. effizienter?

Werden diese Fragen initial nicht beantwortet bzw. besteht keine Möglichkeit, Fragen zu stellen, geht ein großer Teil des Potenzials verloren, das OKR bietet.

9. Herrschaft der Zahlen: OKRs sind mehr als ein Controlling-Instrument

Es ist verlockend: Mittels OKR und bei entsprechender Beteiligung sowie der daraus resultierenden Transparenz sind völlig neue Einblicke ins Unternehmen möglich – und (scheinbar) neue Steuerungsmöglichkeiten. Allerdings sind OKRs nicht als Controlling-Instrument gedacht und Key Results im Stil von „Wir generieren xx Mio. € Umsatz in Q4“ nicht wirklich inspirierend. Das lässt sich alles über entsprechende KPIs steuern. OKRs wirken sich indirekt auf Verkaufszahlen etc. aus, stellen diese aber nicht in den Mittelpunkt.

10. Kaizen: OKRs sind niemals perfekt / keine „Evergreens“

Im Geschäftsalltag gibt es „Dauerbrenner“, die saisonal oder in bestimmten Abständen immer wieder auftauchen bzw. in den Fokus rücken. Dies sind scheinbar einfache Objectives, bei denen auf den ersten Blick nichts falsch gemacht werden kann bzw. die wiederverwendet werden können. Diese „Evergreens“ sind allerdings keine „richtigen“ Objectives: Objectives sind nach dem jeweiligen Zyklus abgeschlossen und nicht beliebig oft recyclebar. OKRs sind zudem niemals perfekt, sondern entwickeln sich von Zyklus zu Zyklus kontinuierlich weiter – eine regelmäßige Qualitätskontrolle und Abgleich mit den Kriterien ist daher nach jedem Zyklus notwendig.

11. Raumschiffe: OKRs sind (nicht) in den Arbeitsalltag integriert

Diese Lektion hängt direkt mit Lektion V zusammen: Werden die Company Objectives von einer elitären Runde festgelegt, lassen sich diese oft nicht in den Alltag integrieren und werden als zusätzlicher Aufwand bzw. Ballast „von oben“ betrachtet. OKR wird als Raumschiff wahrgenommen, dass völlig losgelöst über den Dingen schwebt und mit dem Alltag und den Beobachtungen und Sichtweisen der Teammitglieder nichts zu tun hat. Die enge Einbindung der Mitarbeiter*innen bei der Ideensuche und Festlegung beugt dieser Gefahr und dem daraus entstehenden Frust frühzeitig vor.

12. Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation

Einer der elementarsten Bestandteile des OKR-Frameworks ist Kommunikation und Transparenz. Speziell muss einiges an Zeit und Ressourcen investiert werden, damit das Framework funktioniert – Zeit, die für Kundenprojekte oder andere Dinge fehlt.

Hier ist Konsequenz und Ehrlichkeit entscheidend:

Wie wichtig ist uns als Unternehmen die Implementierung und der erfolgreiche Einsatz von OKRs? Sind wir bereit, dieses Investment zu tätigen? Durch unklare Kommunikationskanäle und Zuständigkeiten entsteht unnötiger Mehraufwand und Frust – Stichwort „Ballast“. Wenn niemand weiß, welche Runden es gibt und wo was entschieden wird, entsteht nur eines: Confusión total. Eine halbherzige Implementierung und sporadische Kommunikation ist nicht zielführend und kostet auf lange Sicht deutlich mehr Zeit und Nerven als ein gründliches Aufsetzen zu Beginn. Wer eine gute Ernte einfahren bzw. eine gute Rendite erzielen will, muss zunächst etwas investieren – es lohnt sich.

OKR@it-economics: Ausblick

Seit der Einführung von OKR@it-economics haben wir die aufgeführten zwölf Lektionen in unterschiedlicher Intensität erlebt und dadurch einiges gelernt. Die eine oder andere schmerzhafte Erkenntnis hat zu umfangreichen Anpassungen des OKR-Systems geführt und wir probieren immer wieder etwas Neues aus. Wir bleiben dran und entwickeln uns weiter – jeden Zyklus.

 tl; dr

Nach etwas über zwei Jahren Arbeit mit dem OKR-Framework konnten wir einige elementare Dinge lernen – im Wesentlichen folgendes: Theorie und praktische Anwendung eines Rahmenwerks sind zwei gänzlich unterschiedliche Dinge; für den Erfolg ist die Beteiligung aller Teammitglieder essenziell. Die Einführung per Top-down-Prinzip ist nicht mehr zeitgemäß und passt nicht in agil arbeitende Unternehmen im VUCA-Umfeld.